Endlich sind die neuen Räume fertig!
Viele werden davon gehört und es vielleicht beim Hoffest im Mai oder beim Einkaufen auch gesehen haben: Unsere Bäckerei, die Käserei, der Teich und der Gemüse’palast’ sind fertig!
Anfang des Jahres lief der Endspurt, und im Lauf der 1. Jahreshälfte ging es in den neuen Gebäuden los. Natürlich wurde nicht alles sofort einfacher, weil sich die neuen Abläufe erst einspielen mussten. Und den ganzen Aufwand der Einrichtung habe mindestens ich sehr unterschätzt! Fertig ist eben noch nicht ganz fertig – Wo hängen nochmal die Schöpfkellen…?
Aber mittlerweile ist etwas Routine eingekehrt, und nachdem der erste Hof-Käse noch recht besonders war schmeckt er jetzt richtig gut. Ein wenig Malheur haben wir ab und zu noch mit dem Joghurt, aber das kriegen wir hoffentlich auch noch in den Griff.
Die Bäcker genießen die aufgehende Sonne durch die großen, nach Osten ausgerichteten Fenster, und bekommen dort auch regelmäßig Besuch von den kleinen Sonnenhüten.
Unser Teich, der letzten Herbst angelegt wurde, war rappelvoll nach dem Winter, so dass wir uns im Frühjahr noch beeilten, schnell die letzten Leitungen zu legen. Das ganze Wasser muss ja schließlich nicht nur von den Dächern in den Teich, sondern auch vom Teich weiter auf den Gemüseacker. Die spezielle Pumpe wurde installiert, und bekam im Herbst noch ein kleines Stroh-Häuschen, denn Frost können Pumpen ja schlecht ab. Die Ironie der Geschichte ist, dass das 1. Jahr mit eigenem Wasservorrat fast durchgängig genug Regen für das Feldgemüse lieferte! Nur im Juli und Anfang September war die Pumpe im Einsatz. Ich mach mir da aber keine Sorgen… die Trockenperioden kommen wieder. Beim Wetter gilt: Das einzige was sicher ist, ist dass nichts mehr sicher ist.
Der Wasserspeicher ist allerdings nur eine der vielen Funktionen des Teiches: Für den September hatte Christoph Vahle ein spezielles Seminar organisiert, bei dem an einem der letzten warmen Wochenenden die Böschung des Teiches und die Flachwasserzone bepflanzt wurde. Eine tatkräftige Truppe legte sich richtig ins Zeug und so fanden die seltenen Seggen, der Fieberklee, die Wasserschwertlilie, das Sumpfblutauge, Laichkräuter und der Strandling ihren Weg in unseren neuen Teich. Ein weiteres Biotop ist damit entstanden!
Kurz vor Ende der Weidesaison haben die Rinder dann noch eine Erweiterung ihres Stalles in der Remise bei Jakob beantragt. Unter uns hatten wir die Idee schon länger bewegt, und im Hau Ruck Verfahren dann tatsächlich noch an ein paar Wochenenden im November umgesetzt. Jannik kam zum Baggern, Dieter hat die Statik gerechnet und das Armieren und Betonieren angeleitet, Jakob, Johannes und ich stellten dann die Holzkonstruktion und das Dach. Vieles, an dem wir die letzten Jahre arbeiteten, konnte also dieses Jahr zu Ende gebracht werden. Manches ist noch nicht ganz abgeschlossen, und das Glashaus für das Feingemüse steht ja noch aus.
Geschafft wurde all das nicht allein von uns hier am Hof, sondern in einer fruchtbaren Gemeinschaft zusammen mit allen, die sich einbringen in Form von Zuspruch, guten Wünschen, der Schenkgemeinschaft beim Teich, vielen privaten Darlehen, den Einkaufvorfinanzierungen und natürlich allen sehr geschätzten Spenden. Es fühlt sich großartig an wenn ganz konkret vor Ort die Dinge besser werden und Beziehungen entstehen, die möglich machen was erstmal unmöglich erscheint.
Die immer absurder werdende globale Notlage der Welt kann einen andererseits ja fassungslos machen; ich möchte gar nicht alles aufzählen. Wie kann so viel Unheil entstehen? Was können wir denn bloß ausrichten?
Ich nehme einen gewissen Ohnmachtszustand wahr, den wir gesellschaftlich gerade erleben und der erfüllt ist von einer Unheilserwartung, die der WDR5 Radiophilosoph Jürgen Wiebicke das ‚Babylon Berlin-Gefühl‘ nennt. In diesem Zustand sind die großen Entwürfe, die manchmal postuliert werden wie eine andere Gesellschaft aussieht gar nicht angebracht und total unglaubwürdig. Was wirklich zählt sind die unzähligen Initiativen, die die kleinen Schritte gehen. Wo sich Menschen für eine größere Sache engagieren als ihre eigenes Selbst-Wohl, da finden sie zusammen. Oft sogar über politische Grenzen hinweg und jenseits von Herkunft oder Konfession! Da wird Spaltung überwunden.
Unser aller Hof Sackern kann einer dieser Schritte sein, wenn wir ihn gemeinsam immer wieder dazu machen. Dann kann ein großes Spektrum an guten Nahrungsmitteln erzeugt werden. Kinder und Erwachsene können auf dem Hof die Tierhaltung erleben, den Bäckern zuschauen und bei der Gemüseernte auch mitmachen. Praktika und Ausbildung können dann stattfinden genauso wie das Kinderlager der Christengemeinschaft und die Sommerferienzeit der Tagesklinik der Kinderpsychiatrie. Die Rinder sorgen auf ihren Weiden für den Erhalt der Kulturlandschaft und schaffen Lebensräume für bedrohte Flora und Fauna. Die 10 Biotope am Hof würde es ohne die Landwirtschaft genauso wenig geben wie das Hof-Kino im August. Und unsere Weide kann ein Ort sein für den Kindergarten Sonnenhut und die bezaubernden Nicole & Martin, die alle paar Jahre mit ihrem Weissen Zelt ein Highlight im Dorf sind.
Aus deren Programmheft habe ich das Zitat, das für mich auf den Punkt bringt, was wir im Kleinen als Freunde, Kunden, Vereinsmitglieder und Bewirtschafter des Hof Sackern und im Großen als Zivilgesellschaft gemeinsam schaffen können:
Fairytales are greater than the truth – not because they tell us that dragons exist, but because they tell us that dragons can be overcome!
Stefan König